Der ewige Optimist Ai Weiwei!

Ai Weiwei ist einer der momentan weltweit bekanntesten Künstler. Das liegt nicht ausschließlich an seiner meist konzeptuellen Kunst, sondern auch an seinem politischen Aktivismus. Ai Weiwei lebt und arbeitet in Beijing, China und kritisiert die kommunistische Regierung sowohl in seiner Kunst, als auch in seinem Blog, auf Twitter und in Interviews. Somit bewegt er sich auf extrem dünnem Eis und wurde 2011 von der Regierung unter Vorwand festgenommen und 81 Tage an einem unbekannten Ort festgehalten ohne, dass seine nächsten Angehörigen wussten ob er überhaupt noch lebt. Zu dieser Zeit formierte sich eine internationale Bewegung zur Befreiung von Ai Weiwei und spätestens seitdem kennt man ihn eben auch außerhalb der Kunstwelt. Während auf der Strasse Menschen „Free Ai Weiwei“ riefen, saß die junge Journalistin und Dokumentarfilmerin Alison Klayman im Schnitt und bastelte an ihrem ersten Langfilm Ai Weiwei: Never Sorry. Hierfür hatte sie den charismatischen Künstler 3 Jahre lang begleitet, interviewt und Einblicke in sein Denken, privates Leben und künstlerisches Schaffen bekommen. Gestern habe ich mir den Film mit Claudio angesehen…

Ai Weiwei ist ein dankbares Subjekt für einen Dokumentarfilm. Er ist charismatisch, wortgewandt und herrlich optimistisch. Er spricht offen über seine Kunst und Arbeitsweise, über seinen Aktivismus und die Probleme im Land. Dabei ist er stets sehr bedacht, offen und bescheiden. Sein Aktivismus bleibt im System. Obwohl er weiß, dass eine Anzeige nicht zum Erfolg führen wird, durchläuft er den tagelangen, bürokratischen Prozess dennoch. Er will das System testen, es sich selbst vorführen. Er spielt mit den Fehlern und filmt die alltäglich erscheinenden Situationen. Dass die Polizei hierbei immer wieder zur Lachnummer wird scheint einfach der Realität zu entsprechen und schockiert daher umso mehr.

Ai Weiwei kämpft für in westlichen Länder selbstverständliche Rechte, wie das zur freien Meinungsäußerung. Eine “Marke für freies Denken und Individualismus” sei er, teilt er verschmitzt lächelnd mit. Als er dann mit seinem kleinen Sohn über das Feld voller einzeln bemalter Sonnenblumen Samen, was er in der Turbinenhalle der Tate Modern aufschütten ließ, läuft ist klar wofür er all dies tut. Die nachrückenden Generationen sollen nicht in Angst und Unterdrückung, sondern in Freiheit ihr Leben nach ihrem Gusto gestalten können.

Klayman hat den beeindruckenden Künstler von 2008 bis 2010 begleitet und aus dem gesammelten Material eine Art Hommage gemacht. Der Film macht keinen Hehl aus ihrer Bewunderung für den mutigen Künstler und so kommen ausschließlich Fürsprecher und Verehrer Ai Weiweis zu Wort. Bedeutungsschwangere Musik legt sich über die Bilder wie Zuckerguss und geht zeitweilen leicht auf den Nerv. Auch findet der Film keine klare Struktur. Er ist weder chronologisch, noch ersichtlich thematisch aufgebaut. Dennoch ist er absolut sehenswert um mehr über Ai Weiwei, seine Kunst, sein Wesen und seine Motivation zu erfahren. Viele Nahaufnahmen bringen den Zuschauer direkt ins Geschehen, man wird mitgerissen und auch wenn die Begeisterung für den Film ausbleibt, so wird diese Enttäuschung doch von der Begeisterung für dessen Subjekt vollkommen weggeschwemmt!

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