Side Effects – Aufregend großartiges Kino

Rooney Mara, Jude Law, Catherine Zeta Jones, Channing Tatum und Steven Soderberg – was für eine Masse an Stars für nur einen Film! Die Geschichte über Psychopharmaka, deren Ge- und Missbrauch, ihre Vor- und Nachteile hätte sich wahrscheinlich auch ohne Starbesetzung durchgesetzt. Die Geschichte  ist gut geschrieben und strukturiert und wäre wahrscheinlich auch ohne große Namen ein Erfolg geworden. Die bekannten Gesichter haben dem Streifen aber auch nicht geschadet. Denn jeder der Beteiligten schien sein Ego für die Dauer des Drehs komplett abgelegt zu haben. Sie alle greifen wie Puzzleteilchen ineinander, liefern großartiges Schauspiel und machen Side Effects zu einem ziemlich großartigen Stück modernen Kino, das auf der Berlinale im Februar Premiere feierte…

Martin Taylor (Channing Tatum) wurde am Tag seiner Hochzeit wegen Insider-Handel  festgenommen. Kurz nachdem er nach vier Jahren endlich wieder freikommt fährt seine Frau Emily (Rooney Mara) mit ihrem Auto anscheinend absichtlich gegen eine Betonwand. Ihr zugewiesener Psychiater Jonathan Banks (Jude Law) lernt sie als überfordert, lust- und hilflos kennen und verschreibt ihr unterschiedliche Psychopharmaka gegen ihre Depression. Als keins der Medikamente anschlägt bittet sich Banks Emilys ehemalige Psychiaterin (Catherine Zeta Jones) um Hilfe. Die kollegin empfiehlt ein neues Medikament auszuprobieren, welches aber noch in der Testphase steckt. Obwohl er dies erst ablehnt treiben seine Gier (die Pharmakonzerne zahlen den Psychiatern hohe Summen für die Teilnahme an den Tests) und sein Ehrgeiz (Banks will seinen Patienten helfen, auch um dafür gerühmt zu werden) ihn letztlich doch dazu einzuwilligen und Emily die neuen Pille zu verschreiben…

Dies ist der relativ dröge Plot von Side Effects erstem Viertel. Aber obwohl es sich weder spannend noch faszinierend anhört, fesselt es beim Zuschauen und Erleben auf der Leinwand umso mehr. Jedes Bild suggeriert das sich hier etwas zusammenbraut, das es einen Subtext gibt, den der Zuschauer nur gerade noch nicht entziffern kann.  Von Beginn an ist dem Zuschauer klar, dass jeder Moment, jede Entscheidung, jeder Blick und jedes Wort zählen wird und so will man eigentlich schon während dieser einfachen Szenen schon beginnen auf dem Kinosessel hin und her zu rutschen.

Natürlich würde jedes weitere Wort über die Geschichte das Erlebnis das Side Effekts beim ersten Sehen bereitet völlig zerstören. Es is ein wirklich ergreifender psychologischer Thriller mit fantastischen Darstellern. Jude Law ist komplett selbstlos in seiner Rolle als ambitionierter Dr. Banks, Channing Tatum spielt den liebenden und verstörten Ehemann perfekt, Catherine Zeta Jones ist faszinierend determiniert und eiskalt und Rooney Mara ist ganz einfach der nächste Superstar. Sie war schon in früheren Filmen großartig, aber diese Rolle passt ihr einfach wie angegossen.  Ähnlich genial wie Mia Farrow in Rosemaries Baby, Tippi Hedren in Marnie oder Sissy Spacek in Carrie spielt sie die Ambiguität von Verängstigt und Angst einflößend, Verletzlich und verletzend und Opfer und Täter ihrer Rolle. Es ist eine gruselige Freude Ihr bei den stetigen Wechseln zuzuschauen!

Und dann ist da natürlich noch Mr. Soderbergh, der ernsthaft behauptet dies sei sein Abschieds-Film.  Er schafft es mit den Künsten seiner Darsteller mitzuhalten und findet die richtige Balance zwischen Charakter-Studie und Thriller-Action sowie aufgeladenen Bildern und Konversationen die von jeglichen Informationen entleert wurden.  Der Zuschauer sucht so zunehmend verzweifelt nach irgendwelchen Hinweisen für die Auflösung der Geschichte und am Ende geht es so schnell, dass der Fim vorbei ist bevor man realisiert was gerade passiert ist. Es ist natürlich ein bombastischer Abschluss einer Karriere, aber nach dieser Fulminanz wünschen sich die Zuschauer natürlich eine baldige Zugabe!

P.S.: Ihr wollt Side Effects unbedingt im Kino sehen. Nur in einem dunkler Raum ohne jegliche Ablenkung kann man aus den Puzzleteilen des Plots die gesamte Geschichte stricken.

Side Effects (R: Steven Soderbergh, USA 2013)

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