Interview: Musikhören mit Booka Shade

Booka Shade muss man ja eigentlich nicht mehr vorstellen. Das Berliner Duo zählt zu den international erfolgreichsten Techno-Acts. Arno Kammermeier and Walter Merziger sind zuweilen mehr oder weniger nonstop auf Tournee: in Deutschland und Europa, in Nord- und Südamerika, in Australien und Asien. Trotzdem finden sie noch die Zeit, ins Studio zu gehen. Vor kurzem erschien nun ihr fünftes Album Eve, bei dem auch Gäste wie Fritz Helder (Azari & III), Andy Cato von Groove Armada und Fritz Kalkbrenner mitgewirkt haben.

In unserem Interview haben wir über Musik von Yello, New Order, The Cure und dOP gesprochen. Mehr nach dem Klick.

Yello Desire

WALTER: Yello gehören zu den frühen Einflüssen in unserem musikalischen Leben, besonders die Alben von 1982 bis 1984. Die Kombination aus akustischen und elektronischen Sounds und die Vielschichtigkeit im Klang faszinierte uns.

Es war eine große Freude, für unser 2010er-Album More! mit Dieter Meier und Boris Blank den Titel Divine schreiben zu können. Wir trafen die Herren in ihrem Studio oberhalb des Zürichsees, Dieter erzählte zwischen den Vocalaufnahmen lustige Anekdoten und Boris erklärte uns Synthesizer.

New Order Your Silent Face

ARNO: Der erste Song auf der zweiten Seite der LP Power, Corruption & Lies. Weshalb ich das weiß, ohne nachzuschauen? Ich liebte dieses Album, es wurde mir, einem pubertierenden Jugendlichen, der dem Kleinstadtmief zu entrinnen suchte, 1983 vom Plattenhändler meines Vertrauens ans Herz gelegt. Wie recht er hatte.

Es war seinerzeit gar nicht so einfach, den Albumnamen herauszufinden, denn New Order bevorzugten, ihn nicht auf dem Cover abzudrucken. Das galt ja auch für Blue monday, die so weit ich weiß bestverkaufte 12″ Vinyl aller Zeiten. Ich bin einer der stolzen Besitzer der Originalauflage.

Erst kürzlich trafen wir Bernard Sumner, den Frontmann von New Order, auf einem Flug von Berlin nach Zürich. Die Band hatte eine Show am Abend zuvor und offensichtlich war er etwas angeschlagen von der Aftershow Party. Tapfer empfing er dennoch unsere Ehrerbietung, und wir konnten sogar ein Photo mit ihm machen.

The Cure Friday Im In Love

ARNO: Na, du hast´s aber mit den 80er-Heroen! Herrn Smith haben wir noch nicht persönlich getroffen, wenn er mir aber mal über den Weg liefe, würde ich ihm erzählen, wie ich mich immer so schön gruselte, als ich Subway song vom ersten Album nachts im Bett mit Kopfhörern hörte.

Friday i´m in love stammt jedoch aus einer späteren, etwas fröhlicheren Schaffensperiode. Den Spagat zwischen düsteren, melancholischen und dann wieder positiven Melodien reizt uns beim eigenen Songwriting ebenfalls. Das Licht am Ende des Tunnels, positive Melancholie.

Keith Jarrett The Köln Concert (Part 2 C)

ARNO: Zu Keith Jarrett, dem berühmten Jazz-Pianisten und Meister der Improvisation, fällt mir ein, dass ich tatsächlich Mitte der 80er mal ein Konzert von ihm gesehen habe, zu meiner Jugendzeit, als ich Bekannte meiner Eltern in Nizza besuchen durfte.

Sie schleppten mich mit zum Konzert, ich war beim Zuhören jedoch nicht ganz bei der Sache, weil ich viel lieber nach jungen Französinnen Ausschau gehalten hätte. Naja, immerhin kann ich jetzt im interview damit prahlen (mit dem Konzertbesuch, nicht mit Französinnen).

doP No more daddy Ame remix

WALTER: Drei wirklich verrückte Franzosen! Meist sehe ich sie halb bewusstlos hinter (oder sogar auf!) der Bühne liegen, denn sie geben bei ihren Shows Vollgas. Ein toller House Live Act. Wir kennen die Jungs, weil sie auf dem Label Get Physical, das wir 2002 mitbegründeten, Musik veröffentlicht haben.

Für den Act  Âme haben wir großen Respekt. Ich kann mich noch heute an den Abend erinnern, an dem ich zum ersten mal ihren epochalen Song Rej im Club hörte (unsere Get Physical-Freunde Philipp und Patrick von M.A.N.D.Y. legten ihn auf).

Booka Shade Love Inc

WALTER: Ein gelungener Abschluss, Respekt für deinen guten Geschmack! Was soll ich sagen – das neue (fünfte) Album war das schwierigste unserer Karriere. Nachdem wir nach zwei Jahren Arbeit ein Album fertig hatten, gefiel es uns nicht, und wir realisierten, dass wir etwas an der Art und Weise, wie wir arbeiteten, ändern mussten, andernfalls wäre es wohl das Ende der Band.

Dann fand ich ein Recording-Studio in Manchester mit dem Namen Eve Studios. Wir buchten uns ein, nahmen eine zeitlang einfach nur Instrumente und Sounds auf und bearbeiteten die Aufnahmen später im eigenen Studio in Berlin, was über ein weiteres Jahr in Anspruch nahm. Diese Luftveränderung änderte alles und inspirierte uns so sehr, dass wir das Album EVE nannten.

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