Berlin Erkunden mit Jan Blomqvist & Antony Morato

Berlin ist weltweit dafür bekannt, eine der maßgeblichen und einflussreichsten Szenen für elektronische Musik und Clubkultur zu beherbergen. Unzählige Acts und DJs sind hier angesiedelt und feiern große Erfolge mit ihren Produktionen und in den Clubs, nicht nur hier in Berlin sondern überall auf der Welt, oft auch mit dem Made in Berlin Siegel als ihr Aushängeschild.

Jan Blomqvist ist eines der jungen Talente der Berliner Elektro-Szene, die aus der Masse hervorstechen und der es geschafft hat innerhalb von wenigen Jahren eine große Fangemeinde zu gewinnen, und das auch weit über die Grenzen von Berlin hinaus. Groß geworden ist er hier in Berlin in Clubs wie der Bar25 und deren Nachfolger Kater Holzig. Jetzt spielt er aber mittlerweile überall in der Welt in den angesagtesten Clubs und auf großen Festivals. Seine Musik kann man als melodischen Elektro-Pop mit Einflüssen aus Minimal Techno und Deep House beschreiben, scheinbar die perfekte Mischung um sich in die Herzen von so vielen Menschen zu spielen. Seine letzte EP zu seinem Sommerhit Time Again erschien im Juli 2014 und gehört für mich zu einem seiner stärksten Tracks.

An einem herbstlichen Nachmittag trafen wir Jan in seinem Studio und sprachen mit ihm über seine Musik und das besondere Verhältnis zu Berlin, bevor mit ihm ein paar seiner Lieblingsorte in der Stadt erkundet haben. Viel Spaß mit unserem Interview und der exklusiven Fotostrecke mit Jan Blomqvist. Wir danken an dieser Stelle recht herzlich dem italienischen Menswear Label Antony Morato, die uns für das Fotoshooting ausgestattet haben.

Jan Blomqvist

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Wir sind ja gerade hier in deinem Studio. Was macht für dich ein kreativer Ort aus? Was brauchst du um hier Musik zu machen?

Für mich ist es immer wichtig, dass ich in einer schönen hellen Umgebung bin. Ich kann ohne Fenster nicht arbeiten, dann gehe ich ein. Und es darf nicht zu viel unnötiges Zeugs rumstehen. Puristisch, rough, industriell und clean. Eigentlich wie in ‘nem guten Club. Bloß ohne Leute. Ich kann auch nicht arbeiten, wenn mich zu viel Plastik umgibt, das ist ganz seltsam. Holz, Stein und Metall inspiriert mich einfach mehr. Zum Beispiel kann ich gar nicht im Flugzeug arbeiten. Ich glaube es liegt am Plastik, hahah. Eine alte Bibliotehk wäre auch perfekt, aber da darf man glaub ich nicht laut sein. Mit Headphones ginge es vielleicht. Probier ich mal aus. Hey gute Idee, danke für die Frage.

Jan Blomqvist

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Du wohnst in Berlin Prenzlauer Berg. Mittlerweile ja die Soya-Latte-Mutti Gegend Berlins. Was hat dich hierher verschlagen und was schätzt du an deinem Kiez?

Naja, ich bin ja schon immer hier, also seit mehr als 12 Jahren jetzt. Es gab hier mal sehr viel Kultur – noch lange vor Soja-Latte. Es gab auch viele besetzte Häuser ganz anders als heute. Und überall war Kunst und Musik und 1000 Elektro Partys. Das war aufregend. Aber es war auch klar, dass das nicht ewig paradiesisch bleibt.  Für mich ist es aber immer noch schön und ich liebe meine Wohnung hier und mein Studio. Ich möchte mein Zuhause nicht verlassen, ganz einfach. Und ich habe ja noch einen alten Mietvertrag, also kein Stress, hier wegzuziehen. Und ich bin ja auch älter geworden, leider. Ich muss nicht mehr unbedingt dort wohnen, wo es am ‘hipsten’ ist. Ich mag die friedlich Umgebung hier. Es ist eine gute Atmosphäre zum Arbeiten.

Aber das heißt nicht, dass ich die Gentrifizierung nicht auch kritisch betrachte, keinesfalls, ich rede grad nur über meine 12 Jahre alte Wohnung, nicht falsch verstehen bitte. Und Soja-Latte trinke ich auch nicht.

Jan Blomqvist

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Hier auf dem Holzmarkt war ja mal früher die Bar 25. Gegenüber stand das Kater Holzig und mittlerweile aber steht hier wieder nebenan das Katerblau. War das hier deine Spielwiese früher? Was hast du hier an besonderen Momenten erlebt? Was verbindet dich mit diesem Ort?

Ich war 10 jahre lang jedes Wochenende hier. Es war unglaublich. Am Anfang stand hier nur ein Sofa und ein umgebauter Wohnwagen mit Plattentellern und Mixern, ein fahrbares DJ-Pult. Ich glaube das gibt es sogar noch irgendwo.

Die Bar 25 war magisch. Es war fast nicht möglich sie wieder zu verlassen, wenn man einmal drinnen war. Hier haben alle gespielt.

Ich habe ja jetzt schon fast alle bedeutenden und schönen Clubs Europas gesehen und ich kann mir dennoch nur schwer vorstellen, dass es jemals wieder einen schöneren Club als die Bar25 geben wird auf der Welt.

Welche Orte findest du außerdem an Berlin spannend und außergewöhnlich und würdest sie nicht missen wollen?

Ich finde Berlin allgemein immer noch spannend, weil es sich ständig verändert. Manchmal tut es weh, wenn schöne Orte plötzlich verschwinden, aber Berlin schafft es immer wieder am nächsten Tag einen neuen, oft sogar noch schöneren Ort entstehen zu lassen. Deswegen gibt es keine speziellen Orte für mich, sondern einfach nur die Tatsache, dass sich alles ständig verändert. Und das ist auch gut so, weil Stillstand ist das Schlimmste, was es gibt, wenn du kreativ arbeiten willst.

Jan Blomqvist

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Wo wir gerade von der ständigen Veränderung Berlin’s reden. Wohin sollte sich die Stadt aus deiner Sicht hinentwickeln? Was darf Berlin auf keinen Fall abhanden kommen?

Für mich ist es natürlich wichtig, dass die Musikszene dieser Stadt erhalten bleibt oder sogar weiter wächst. Ich glaube Berlin ist der einzige Rückzugsort für uns Musiker in Deutschland. Es wäre eine kulturelle Katastrophe, wenn wir jetzt nicht mal hier mehr in Ruhe weiter arbeiten dürften. Ich verstehe einfach nicht, was falsch läuft in diesem Land, in dem man als Musiker oder Clubbetreiber von den Behörden immer behandelt wird wie ein Stück Dreck. Wenigstens Berlin muss auf jeden Fall der letzte kulturelle Zufluchtsort bleiben. Es wäre natürlich um so schöner, wenn die anderen Städte sich endlich besinnen und auch ein bißchen Kultur zulassen würden. Aber ich wäre schon froh, wenn man wenigstens in Berlin endlich aufhört, die Künstler aus ihren Ateliers oder Studios zu vertreiben, nur um dort noch eine neue Kaufhauskette unterzubringen. Eine Gesellschaft ohne Kultur hat schon immer in die Katastrophe geführt. Von Konsum allein kann niemand leben. Geld kann man im Zweifelsfall weder essen noch knutschen. Springt über euren Schatten ihr meckernden Nachbarn und lasst uns unsere Clubs in dieser Stadt erhalten. Solche Wörter wie ‘Ruhestörung’ oder ‘Lärmbelästigung’ existieren wahrscheinlich in anderen Sprachen auch gar nicht. Warum dann hier?

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Frank

Author

Frank ist der Gründer und Chefredakteur von iHeartBerlin. Er fotografiert, macht Videos und schreibt Texte - in der Regel über das, was in Berlin gerade abgeht. Seine Vision und Interessen haben iHeartBerlin seit der Gründung in 2007 geformt - und Frank hofft, dass er noch viele weitere Jahre das Beste von Berlin hervorheben wird.