Wie es ist, einen Hedonisten zu lieben

Foto: Kristian van Kuijk

Bei meinem Versuch die Kunst des Datings in Berlin zu perfektionieren, sind mir die verschiedensten, wiederkehrenden Typen von Männern begegnet. Verfallen bin ich immer wieder den gleichen, einer unter ihnen ist der Hedonist. Vielleicht bist du dieser wunderbaren Kreatur auch schon mal begegnet. Erkennbar ist er, an seiner Fähigkeit, immer ein Fremder für dich zu bleiben und das nicht nur, bis zu dem Punkt, an dem sich eure Wege endlich kreuzen, sondern weit über eure ersten intensiven Begegnungen hinaus. Völlig eingenommen von den Farben und Lichtern, der Musik und den Parties, im Rausch und in der niemals endenden Angst, etwas zu verpassen, fühlt er sich getrieben. Spürt den stetigen Wunsch mehr zu erleben, mehr, mehr und noch mehr. Er ist nach Berlin gekommen, um das Leben zu verschlingen, um es zu konsumieren und du wirst für ihn niemals genug sein. Nicht etwa, weil du unzulänglich bist, oder weil du ihm nicht genug bedeutest, sondern schlichtweg, weil er so viel mehr möchte und am Liebsten auf einmal. Alle Gefühle – die Euphorie der ersten Berührung, den Schmerz gegenseitiger Verletzungen, Gewalt, intensiven Sex, Herzschmerz und Wohlbehagen. Indem er dir aber niemals alles von sich gibt und sich zu keiner Zeit vollkommen öffnet, wird er dich immer mit dem Gefühl zurück lassen, mehr zu brauchen und dir damit einen Einblick in seine eigene emotionale Pein geben.

Das Leben voll auszukosten ist des Hedonisten Weg die eigene innere Leere, die Taubheit zu bekämpfen. Sie machen ihn hungrig nach deiner Liebe, Aufmerksamkeit und Bestätigung und machen es ihm zur gleichen Zeit unmöglich, dir selbige zurückzugeben. Das passiert nicht bewusst, schon gar nicht mit Absicht, sondern entspringt lediglich diesem Durst nach dem Leben.

Wenn du einen Hedonisten datest, wird er dich zu einem der Dinge machen, die er konsumiert. Es gibt dann dich neben der Musik, Drogen und den wilden Nächten. Geh mit, genieß die Intensität. Du wirst die wunderbarsten und unerwartetesten Überraschungen erleben, wenn du ihn für eine Weile auf seiner Reise begleitest und rechzeitig vom Zug abspringst, bevor er eine Grenze überfährt.

Kristian van Kuijks Video Bright Lights Berlin zeigt zum Soundtrack von Shirley Bassey’s Nature Boy einen dieser hedonistischen Jungs bei seinem Spaziergang durch Berlin. Der Kurzfilm fängt die Essenz dieser Art von Dating-Situationen genau ein. Das Gefühl, wenn du das Objekt deiner Begierde immer wieder aus dieser emotionalen Ferne bestaunst, dich fragst, wie jemand nur so schön, so aufregend sein kann. Egal, wieviel zwischen euch schon passiert ist, du wirst immer wissen, dass du ihm niemals wirklich nah sein wirst, denn der Hedonist wandert allein durch seine eigene Welt.

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