Wie sich Berliner gegen den Rechtspopulismus wehren

Berlin war in heller Aufruhr als die AfD ihre Demonstration “Zukunft Deutschland” für diesen Sonntag, den 27. Mai ankündigte. In Momenten wie diesen weiß man als Leser nicht, ob man eher schockiert lachen oder ernsthaft weinen sollte. Dabei schreibt die rechtspopulistische Partei ihrer Veranstaltung großspurig 10.000 Teilnehmer zu – schauen wir mal. Berlin reagiert schnell, clever und wie gewohnt mit einem frechem Grinsen – 13 Gegendemonstrationen wurden für diesen Sonntag angemeldet, deren geschätzte Teilnehmerzahl bereits jetzt die der AfD-Demo um ein vielfaches übersteigt.

Wie hat sich Berlin in der Vergangenheit gegen die Aufruhen der AfD gewährt?

Den Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz 2016 nahm die AfD zum Anlass, den bereits spürbaren Ausländerhass zu schüren und Merkels Asylpolitik für die vielen Todesopfer an diesem Tag verantwortlich zu machen. Als Reaktion auf ihre Demo am Breitscheidplatz kam Berlin zu einer “Stop the Hate”-Demo am zusammen und überboten das Ausmaß der rechtspopulistischen Demo um tausende Teilnehmer. Diese demonstrierten für “Solidarität statt Hass!” und hielten ihrer Papierherzen in die Höhe.

Foto: Zentrum für politische Schönheit

Nachdem AfD-Vorsitzender Björn Höcke das Holocaust-Denkmal in Berlin-Mitte als “Denkmal der Schande” beschimpfte, mieteten die Künstler des ZPS (Zentrum für politische Schönheit) ein Grundstück neben Björn Höckes Haus in Bornhagen um ihm 10 Monate später in künstlerisch aktivistischer Manier das “Denkmal der Schande” direkt vor die Tür zu setzen. Ein weiteres großartiges Beispiel dafür, wie Berliner sich gegen den Rechtspopulismus in Deutschland zur wehr setzen.

Foto: The Clubmap

Dass die Berliner Clubszene nicht nur Entertainment bedeutet, sondern mit der Aufforderung wählen zu gehen politisch Stellung bezieht, hat sie bereits 2016 unter Beweis gestellt. Dort schlossen sich kleine und große Clubs unter dem Namen The Clubmap zusammen und starteten eine digitale Poster-Kampagne, um somit effektiv ihre jüngeren Clubbesucher von einem Gang zur Wahl und gegen die AfD zu überzeugen.

 

Foto: Travestie für Deutschland

Eine weitere großartige Poster-Kampagne zur Bundestagswahl 2017 wurde als Projekt einer Gruppe Travestie-Künstlerinnen ins Leben gerufen, die mit erhobenem, lackiertem Mittelfinger gegen den Rechtsextremismus eine neue Partei gründeten. “Travestie für Deutschland” hieß es auf den Plakaten, die in ihrem Layout bewusst an die Plakate der AfD erinnert. Mit Schriftzügen wie “Lieber pinker Flamingo, als brauner Ingo!” oder “Deutschland ist bunt, das könnt ihr nicht entsorgen!”, erreichten sie im Netz eine Reichweite, die uns hoffen ließ.

 

Was hat sich Berlin diesmal ausgedacht, um ein Zeichen gegen den Rechtspopulismus zu setzen?

Foto: Dominik Pascal

Ein weiteres Mal ist die Clubszene motiviert gegen den Hass der AfD anzugehen, und das unter größerem Aufwand als jemals zuvor. Denn wie sie selbst über ihre Szene sagen: “Berlins Clubkultur ist alles, was die Nazis nicht sind und was sie hassen: Wir sind progressiv, queer, feministisch, antirassistisch, inklusiv, bunt und haben Einhörner.” So schließen sich Sonntag 150 Clubs bei einem Aufmarsch in Mitte gegen die AfD zusammen, um sie gemeinsam mit euch “wegzubassen”. Dafür sollen 14 Musikwagen sorgen, bei denen ihr mitlauft und insbesondere ein Statement betanzt: Berlin ist kein Dancefloor für Nazis.

 

Foto: David Mechel

Auch Jonny Knüppel hat gemeinsam mit der Floß-Community Berlins eine eindrucksvolle Floßdemo unter dem Namen “Nie Wieder!” angemeldet, die ihr euch nicht entgehen lassen solltet. Dabei werden sich Sonntag um 9:30 Uhr 15 Floße an der East-Side-Gallery versammeln, um dort in Begleitung der Wasserschutzpolizei über die Mühlendammschleuse in das Regierungsviertel zu fahren. Um 13.30 erwartet euch die Demo schließlich zu ihrer Kundgebung am Sportbootanleger Schiffbauerdamm!

 

Foto: Alia Wilhelm

Auch die Berliner Theaterszene reagiert! Unter dem Namen “Die Vielen” haben sich Künstler*innen, Ensembles und Akteur*innen der freien darstellenden Künste zusammengetan um für eine Gesellschaft zu demonstrieren, die sich nicht abschottet und die Vielfalt zelebriert. “Wir setzen ein Zeichen für Solidarität und Hilfe, für gelebte Vielfalt und ein glänzendes Leben für Alle!”, so geht die “Glänzende Demo”  von am 27. Mai im Volkspark am Weinberg in Berlin-Mitte an den Start und endet mit einer Kundgebung am Brandenburger Tor.

Wie erwartet begegnet Berlin den Einschüchtertungsversuchen der “Alternative” für Deutschland (again, insert a comical laugh here) mit seiner gewohnten Einstellung: tolerant, kreativ und durchsetzungsstark. Dabei setzen sich nicht auch nur die Linken, sondern auch vor allem die Liberalen dem Rechtsextremismus zur wehr. Also, wir sind dann mal ordentlich am “glänzen” und “wegbassen” – see you there!

 

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