5 To Dos für eine besinnliche Weihnachtszeit in Berlin

Ah, Dezember in der Großstadt. Hast Du schon einmal den Winter in Berlin verbracht? Nein? Nun denn, hier ist eine Liste der Top 5 To Dos, die Du während meiner Lieblingsjahreszeit nicht verpassen solltest.

1. Entdecke eine völlig neue Welt für Deinen Geruchssinn

Beginne jeden Tag mit dem einzigartigen Duft von frischem Urin im Treppenhaus – draußen ist es jetzt kalt und da ist die Tatsache, dass es Deiner Hausverwaltung chronisch sch***egal ist, dass die Haustür seit 7,5 Jahren nicht schließt, eine willkommene Einladung für jeden Passanten, seine Notdurft in Deinem warmen Hauseingang zu verrichten. Entsprechend der weihnachtlichen Stimmung, die seit August in der Luft liegt (Berliner Supermärkte tendieren dazu, während mindestens vier von zwölf Monaten am laufenden Band “Last Christmas” von Wham! aus ihren Lautsprechern erklingen zu lassen), lässt der eine oder die andere mitunter auch mal ein kleines Geschenk für Dich da: Sorgfältig in Zeitungspapier verpackt wirst Du morgens hin und wieder einen Haufen Kacke auf dem Boden finden. Gut, dass Du diese robusten Winterstiefel gekauft hast, von denen Du dachtest, sie würden Dich vor all dem Schnee schützen, der um diese Jahreszeit ja fallen muss.

 

2. Schließe neue Freundschaften

Aber nein! Mach Dir keine Sorgen über gefährliche Wetterbedingungen in Berlin. Das Risiko, während der kalten Jahreszeit durch Berge schönen, frischen, weißen Schnees waten zu müssen, ist eher gering. Du könntest gelegentlich ein wenig über halbgefrorenes Erbrochenes vor der Tür rutschen – aber das ist nichts, was Deine massiven neuen Stiefel nicht verkraften könnten. Stattdessen bietet Dir der Winter in Berlin mannigfaltige Möglichkeiten, Deine Prioritäten richtig zu setzen: Möchtest Du a) lieber nicht vom Regen durchweicht werden oder b) Deine Stirn an einem Stück nach Hause bringen? Die Wahrscheinlichkeit, dass Dein Gesicht in einer stürmischen Berliner Dezembernacht mehrere intime Begegnungen mit Deinem Regenschirm haben wird, ist sehr viel höher als die, in einem Hügel aus fluffigem Schnee zu verschwinden. Alternativ kann die klassische Berliner Mischung aus Regen und Wind ein regelrechter Eisbrecher sein: Vermeide es, Dir mit Deinem Regenschirm den Schädel einzuschlagen, indem Du dessen Schwung ausweichst und so wahrscheinlich in einen anderen Fußgänger hineinrennst oder – noch mehr Anlass, richtig herzlich miteinander zu lachen – deren Schädel mit Deinem Regenschirm einschlägst. Berliner lieben es, auf der Straße neue Freundschaften zu schließen, und Du wirst feststellen, dass Begegnungen mit den anderen Bewohnern dieser Stadt im Winter noch deutlich intensiver ausfallen.

 

3. Sei ein Anthropologe

Wenn Du entschlossen bist, Dein Verständnis der conditio humana zu vertiefen, ist Berlin im Winter für Dich The Place To Be. Monatelange Dunkelheit, die sich in düstere Dämmerung und dann wieder zurück in Dunkelheit verwandelt, hat jegliches verbleibende Vitamin D, jeden Rest an Empathie sowie den Willen zum Leben aus den Berlinern herausgesaugt. Entdecke die Freude, die es mit sich bringt, Dein Gesicht vom Todesblick eines anderen Kunden in der Apotheke dahinschmelzen zu sehen, da Du Dir fünf extra Sekunden herausgenommen hast um zu entscheiden, ob Du Dir zu Deinen Antidepressiva auch noch ein Fläschchen Nasenspray gönnst. Für Fortgeschrittene und Abenteuerlustige ist die U-Bahn ein hervorragender Ort, um eine Schippe draufzulegen. Finde heraus, wie weit ein Mensch seine Augen zurückrollen kann, wenn Du beim Aufstehen aus Versehen den Arm Deines Nebensitzers streifst. Oder versuche einfach auszusteigen, ohne unter dem Ansturm Einsteigender begraben zu werden, deren Tageshöhepunkt darin besteht, einen Sitzplatz vor der alten Dame neben ihnen auf dem Bahnsteig zu ergattern.

 

4. Baue Dein eigenes Gemüse an und werde autark

Habe ich schon erwähnt, dass Berliner Supermärkte dazu neigen, vier Monate lang ohne Unterbrechung “Last Christmas” laufen zu lassen? Wenn Du schon einmal an einem Samstag bei Kaufland in den Neukölln Arkaden einkaufen warst, wirst Du mir glauben, wenn ich sage: Eine fette Dosis Wham! macht es zu einer viel interessanteren Herausforderung, den Tunnelblick und die Mario-Kart-Style Navigation aufrechtzuerhalten, die so essentiell sind, um eine Reise durch die Katakomben dieser Verbraucher-Hölle ohne einen Nervenzusammenbruch zu überstehen. Übrigens: Falls Du vorhattest, Kondome zu kaufen, denke daran, dass selbst Tinder Dates im Dezember einen ganz neuen Charakter annehmen. Die Zeit, die Ihr normalerweise damit verbringen würdet, lustige, freche oder sexy kleine Textnachrichten hin und her zu schicken, wird nun benötigt um zu verhandeln, wer seinen Kiez für etwas Netflix and Chill verlassen wird. Du bist wahrscheinlich gut beraten, Dein Geld stattdessen für Glühwein und Vitamin D-Pillen auszugeben. Oder für Kartoffelsetzlinge und Küken für Deinen Bauernhof in Brandenburg.

 

5. Mach es Dir in 14 Schichten Winterkleidung gemütlich

Apropos Shoppen: Lege Dir unbedingt hunderte Schichten monströs dicker Wollpullover und langer Unterhosen sowie mehrere gefütterte Regenmäntel zu, die Dich wie das Michelin Männchen aussehen lassen. Lasse Dich nicht vom Fehlen glitzernder Baumkronen, malerischer Schneestürme und von flauschigem Neuschnee bedeckter Straßen dazu hinreißen, zu denken, Du würdest jetzt nicht ein halbes Jahr frieren müssen. Baby, it’s cold outside! Und drinnen auch. Denn ja: Es gibt eine Kehrseite vier Meter hoher Decken. Und wenn Deine Hausverwaltung während der letzten circa sieben Jahre kein Interesse an Deiner kaputten Haustür gezeigt hat, wird sie Dir wahrscheinlich auch nicht innerhalb von fünf Minuten zur Hilfe eilen, wenn Deine Heizung Suizid begangen hat. Berlin im Winter: fast so übel, wie der Sommer wunderbar ist. Aber eben nur fast.

Text: Katrin Strohmeier, Illustrationen: Berk Karaoglu

* * *

Katrin Strohmaier ist Sprachrohr des Berliner Sozialunternehmens Photocircle mit Faible für gutes Essen, gute Texte und gute Menschen. Bevor sie im Januar jedes Jahr Stadt und Winter für einen Monat den Rücken kehrt, schreibt sie Schimpftiraden für angesagte Berliner Blogs.

Read this article in English.

<a href="https://www.iheartberlin.de/de/author/guest/" target="_self">Guest Author</a>

Guest Author

Author