Berlinophobia

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Madhouse Berlin: Therapy Session Nr. 6

For some of you Berlin might be a scary place to live. You try to find something good in it by reading this blog but it just won’t help? You should know that those fears are not causeless at all. So listen up closely my dear patients. Moving to Canada is not the only option left for you. I have gathered some good advise for all of you afflicted by a terrible Berlinophobia. For that you have to read my few thoughts on phoenician demons, meat, stone and human fear in German  after the jump.

Der urbane Großraum ist die Zufluchtsstätte für viele der von den Provinzen gelangweilten Menschen. Doch das Ideal der glitzernden aufregenden Metropole scheint zu verschwimmen, wenn man sich mit den Angstfantasien, die der Stadt zugeschrieben werden, beschäftigt

Soziologen und Urbanisten machen es sich einfach. Sie beschreiben die sinnliche Deprivation, die der großstädtische Raum erzeugt und postulieren, das fehlende Gemeinschaftsgefühl als Grundlage psychischer Angstträume. Ich dagegen sehe eher das sinnliche Überangebot als Ursache für Unsicherheit. Verunsicherung führt zu Vermeidung und Vermeidung zu Angst, aber das weiß eigentlich jeder Küchenpsychologe. Auch Gemeinschaftsgefühle existieren sehr wohl. Meist jedoch sehen sich diese separate Gemeinschaften im Stadtkontext von vornherein als dysfunktional an. In simplen Worte: Jeder Partyboy weiß, dass er nicht für immer Teil dieser Gemeinschaft der Partywelt sein kann, ohne an dieser kaputt zu gehen. Dieses plakative Beispiel soll nicht vom Prinzip ablenken, welches dahinter steht: die immer wiederkehrende Verunsicherung.

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Doch Verunsicherung allein ist nicht der Schlüssel für die Ursachenaufklärung der Großstadtängste. Vielleicht ist eine wissenschaftliche Perspektive – per se bei der Problemstellung fehlgeschlagen – da zu rational. Als augefeilter Mystiker habe ich mal einen kleinen Blick in die jüdische Mythologie geworfen und da ist mir doch die phönizische Dämonengottheit Moloch über den Weg gelaufen. Moloch ist dafür bekannt gewesen Kinderopfer zu verlangen und sich von Kinderblut und Elterntränen zu ernähren. Die Symbolik des Verschlingens und Verspeisen wurde von den Literaten des 20 Jh. aufgegriffen und als Metapher für die Stadt als Böses Wesen bis in die heutige Umgangssprache etabliert.

Betrachten wir also die Stadt als verschlingenden Moloch, der von uns Opfer verlangt? Ist dann der Urinstinkt der Angst evolutionär nicht eigentlich sinnvoll? Warum haben wir dann nicht alle Angst? Wegen dem Prinzip der operanten Konditionierung? Die Stadt steckt uns immer wieder kleine Zuckerwürfel in den Mund und versucht uns davon zu überzeugen, dass sie im Grunde gar nicht mal so übel ist.

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Erst wenn wir die Stadt für länger verlassen, merken wir, dass man auch ohne die Portion Zucker gut auskommt und das auch mit weniger Input eine passable Freizeitgestaltung möglich ist. Nicht umsonst fantasieren zurzeit so viele über Facebook und Twitter, wie sie ein Stück Land oder gar ein ganzes Bauerngut in der Mark und in Brandenburg erwerben. Denn Angst ist im postmorbidem Kontext ein gesunder Auslöser unseres Fluchtinstinktes, auf den wir vielleicht ab und zu mal hören sollten. Auch wenn wir deswegen nicht alle gleich nach Kanada gehen müßen.

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