Streetart: Miss Van, Fotos: Dr Case bei Flickr
Die Fee und der Troll, die Prinzessin und der Frosch, die Schöne und das Biest – all dies sind Gegensatzpaare aus bekannten Märchen. Was ich so toll an Gegensatzpaaren finde, ist, dass sie Sachen verdeutlichen und greifbarer machen. Wie sehr sich zum Beispiel die Sichtweise auf einen Menschen ändert, sobald man sich dessen genaues Gegenteil vor Augen führt, ist manchmal verblüffend. Als ich mir die Literaturveranstaltungen der nächsten Tage angeschaut habe, ist mir ein Gegensatzpaar in der deutschen Literaturszene aufgefallen, welches sich lohnt mal genauer zu betrachten. Wer das ist, erfahrt ihr nach dem Klick.
Weibliche Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen, Konzernleitungen werden immer wieder auf Attraktivität überprüft und bewertet. Auch wenn es auf ihre Arbeit, genau wie bei Ihren männlichen Kollegen, eigentlich keinen Einfluss hat, wird das äußere Erscheinungsbild immer wieder kritische betrachtet. Dabei ist Schönheit sowohl ein Vorteil, als auch ein Makel.
Die Tage erhielt ich Einladungen zu zwei Lesungen der jungen Autorinnen Julia Zange und Helene Hegemann. Beide blutjung, beide zurzeit mit ihren Arbeiten unheimlich erfolgreich, beide ehrgeizig und gefragt. Mit einem Unterschied. Die eine ist eine elfenhafte Gestalt mit symmetrischen Gesichtszügen, perfektem Haar, einer perlenglatten Haut und eine Eleganz, die der kindlichen Kaiserin aus Michael Endes Unendliche Geschichte eine gute Konkurrenz bieten könnte. Die andere ist all dies nicht.
Vorher habe ich nie darüber nachgedacht, aber jetzt, wo ich diese beiden Karrieren vor Augen habe, stellt sich mir die Frage, ob das äußere Erscheinungsbild den Erfolg und die Wahrnehmung ihrer Texte beeinflusst. Eigentlich dürfte es nicht so sein. Eigentlich wäre es schön, wenn diese beiden junge Frauen in einer Welt von Blinden leben könnten, die sie und ihre Texte ernst nehmen, wie sie sind. In Gesprächen mit Fans, Kritiker und Leser der beiden muss ich feststellen, dass jungen Frauen sowohl Schönheit, als auch Hässlichkeit zur Last fallen können.
Beide schreiben unheimlich berührende Texte über verlorene und verletze Frauen und beide werden wohl ständig gefragt, inwieweit die Texte autobiographisch sind. Während die kindliche Schöne nicht ernst genommen wird, sehen die Kritiker in der siebzehnjährigen Hässlichen viel mehr Tiefe und Wahrheit. Wo die Schöne ausgebuchte Tourneen und Fotoshootings vorzeigen kann, wird die Hässliche in Independent Berlinale Filmen gezeigt. Beide spielen schon jetzt im Puppenhaus der Klischees mit und wissen davon nicht unbedingt.
Mir selbst wird wiedermal bewusst, wie absurd dieses Literaturbusiness geworden ist, wo Schriftsteller wie Popstars inszeniert werden. Da kommt in mir der Wunsch auf, ich würde endlich weniger oberflächlich sein und könnte aufhören, mir so über das Äußere den Kopf zu zerbrechen.
Beide Autorinnen und deren Lesungen lege ich euch sehr zu Herzen und verweise erneut auf unseren tollen neuen Eventkalender an der rechten Seite.
lesBAR: Die Anstalt der besseren Mädchen von Julia Zange
28.05.2009, 22:30 Uhr
Schaubühne am Lehniner Platz
Kurfürstendamm 153
10709 Berlin
Lesung Helene Hegemann
31.5.2009, 19:30 Uhr
Hebbel am Ufer – HAU 2
Hallesches Ufer 32
10963 Berlin