Musikhören mit: Robosonic

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Foto: Arne Grugel

Spätestens seit ihrem Debütalbum Sturm und Drang aus dem Jahr 2007 gehört Robosonic zu den facettenreichsten Electro-Acts in Berlin. Die beiden sind u. a. als Produzenten und DJs aktiv, außerdem haben sie eine Podcast-Show namens Berlin Kreuzberg Institut [BKI], die Podcast enthalten Live-Sets von Anja Schneider, Stephan Bodzin, Zombie Disco Squad, Dapayk und vielen anderen.

Wir haben mit Robosonic über Soul- und Ska-Klassiker sowie über Lieder von Michael Jackson, 2Pac, Damian Lazarus und anderen gesprochen.

Lord Tanamo- I’m In The Mood for Ska

Das erinnert mich an eine bestimmte Zeit in Brüssel. Rauchen mit Francois und Plastikman hören, Cypress und eben Skatalites.

Ich bin auf jeden Fall “in the mood for love”! Für mich ist diese ursprüngliche Form von Ska eher ein weisser Fleck auf der Musiklandkarte. Früher hab ich mal Cuts & Scratches gemacht für eine Band von Freunden: Sputnik. Die haben eine lustige Mischung aufgehackt aus Funk, Ska und Hardcore. Talentierte Leute, ein lustiges Rudel und auch irgendwie eine schräge Konstellation. Hits from the Bong. Der Saxophonist ist übrigens Jahre später auf unserem Sturm und Drang-Album gelandet. Es war ausdrücklich nicht das Mädchen im Sprachfehler-Video, sondern Sir Speck Wildhorse.
Wieauchimmer, die Band war cool, aber die Massen wohl noch nicht bereit für die kämpferischen und eher flachen politischen Texte, gerappt mit einem harten polnischen Akzent und dem oft wiederholten Mantra “ska, ska, ska, ska , ska…”

Damian Lazarus – Moment

Schönes Ding auf Get Physical. Ein bisschen gedrückt, aber halt schön. Ich frage mich, was ihn in diese Stimmung getrieben hat. Klingt eher winterlich. Steht ein bisschen im Kontrast zum heissen Wetter gerade.

Letztes Jahr haben wir den Track aus den Fluten von mp3-Promos gefischt, die bei uns angeschwemmt werden…Haben wir auch in Folge 9 von unserem BKI-Podcast gespielt.

Der Tune, der danach kommt ist eine eigenartige Dubstep-artige Produktion, die wir mit Christian Martin von Dirtybird gemacht haben. Er heisst MILF, und ist immer noch unsigned hype.

2Pac & Snoop Dogg – 2 of americaz most wanted

Man muss natürlich klarstellen : Es ist eine “motherfucking” gangster party! Ich habe keine Liebe für saubere Radio-taugliche, zensierte Versionen von schmutziger Rap-Mucke. Aber viel Liebe für gutes Storytelling, stilvolles Repräsentieren der “hood” und alles das. Erstmal egal in welcher Sprache und welchem Kulturkreis. Snoop und Pac repräsentieren da jetzt nicht unbedingt unseren aktuellen Lifestyle, aber das ist halt ein Klassiker. 2Pac hat einen lustigen Flow, man muss irgendwie immer lachen und ihn nachmachen. Mein Lieblings-toter-Rapper ist übrigens Big L. Auch erschossen, schade! Tja, Snoop lebt und macht nothing but a gangsta party…

Das erinnert mich an damals. Peugeot 205 fahren, ohne Bass! Letztens haben wir noch im Studio gesessen und nach G-Funk-Classics gesucht. Ich glaube der Track war da auch bei, oder..?!

Michael Jackson – Dangerous

Gott!
…und beste Snare!

Hehe, auf jeden. Oha, ich hab vor dem Badezimmer-Spiegel MJ Playback mit einer Bürste gemacht als ich 6 war. Kitschige Geschichte, aber true story.
An seinem Todestag waren wir grad dabei unser 3-Stunden-Turmbühne-Set fürs Fusion-Festival vorzubereiten
Freunde haben uns SMS geschrieben mit den schlechten Nachrichten, auch um uns direkt Bescheid zu sagen, falls wir vielleicht eine musikalische Hommage spielen wollten… Letztlich waren wir ganz froh, dass wir da keine halbgare Einlage gemacht haben, seine Musik war sowieso omnipresent. Dieser verrückte Franzose ARK hat mich sehr berührt als er nachts in seinem nervenaufreibenden Live-Set ein grandioses, melancholisches Stück aus kleinen MJ-Schnipseln gezaubert hat, nachdem er das Publikum an der Turmbühne per geistesgestörter Mikrofon-Einlagen zusammengeschlagen hatte. Würde ich so gerne nochmal hören.

SUPER700 – Here Goes The Man

Schöne Stimme, wenn sie singt. Klingt irgendwie skandinavisch für mich. Weiss nicht, ist sehr persönliche Musik. Wenn man sie mag, liebt man sie. Der Synthie ist für mich ein etwas komisches, verwirrendes Element…

Hm, ich glaube wir kennen Leute, die kennen die. Entfernteres Umfeld. Hab textmäßig den Zusammenhang nicht mitgeschnitten, aber “free like a bird” klingt gut. Ja, sehr emotional, süße Momente, auch ein bisschen depressiv. Würde ich mir so grad eher nicht anhören, trifft nicht ganz meine Frequenz und Stimmung.

Vickie Anderson – You’re Welcome, Stop On By

Soul Music. Love it. Classics. Al Green, manches von Barry White, Nina Simone. Feine Schmonzetten.
Wird man ein bisschen durchhören in unseren neuen Produktionen. Lustige Inspiration war letztens noch der Film “Rollbounce”. Rollerskate Disco, New York in den 70ern, eine folgenschwere Begegnung mit “The Sweeeetness”.

Ja, gerne finden kleine Scheibchen von beseelter Musik Platz in unserer Art Hi-Tech Soul. Die neuen Sachen sind noch nicht veröffentlicht, aber wir spielen sie schon bei den Gigs. Soul brothers & sisters, you`re welcome. Stop on by!

The Highlighters Band – The Funky 16 Corners

Das fühlt sich an wie Schottland früher, Motherfunk party. Die Zeit als ich auch meine erste improvisierte Clubnacht mit guten Freuden gemacht habe. Die haben dann so Ninja-Tune-Sachen gespielt, auch Drum’n’Bass, Funk und ich dann mehr House. Es waren nicht wirklich viele Leute da, aber musste sein.

Meine spontane erste Erinnerung ist die Zeit als ich auf meinen Gitarrenfilm war mit 15 oder so. Die erste Zeit lang habe ich mir alles selbst beigebracht und war dann bereit für einen Lehrer, der mir was über Funk-Grooves und Jazz-Harmonik beibringen könnte… So bin ich an Mirko geraten, einen sehr begabten Gitarristen, der leider sehr dem Metal verschrieben war.
Deshalb endeten viele der Stunden mit so Kirk Hammet-mäßigen Einlagen, denen ich nicht wirklich folgen konnte. Ich hab dann irgendwann aufgehört und konnte mir einen billigen DJ-Turntable leisten. Der (und später natürlich ein Zweiter) haben wahrscheinlich mehr geholfen die geheimen Zutaten des Funk zu entdecken…die sind wahrscheinlich außerhalb von Heavy Metal zu suchen… “in the other funky 16 corners”..?!

Coyu & Edu Imbernon – El baile alemán (Original mix)

“einfach!?! weisst du?!” Sehr DJ-freundliche, funktionale Tanzmucke. Super Produzenten, ich mag ihre Art. Diese Layer von Bässen, impulsives Arrangement mit viel Antrieb.

Wir haben den Track ein paar mal gespielt. Ich mag ihn nicht soo sehr, aber er funktioniert schon gut, um einen bestimmten Moment im Set zu überbrücken. Für mich ist das ein gut klingender Charakter-Tune ohne besonders spannend oder gewagt zu sein. Das ist vielleicht der Grund warum sich viele DJs darauf einigen konnten.

Gianni Vitiello – Intermixture

Ruhe in Frieden, Gianni! Der hat sooo viel gespielt hier in Berlin. Er war ständig und überall in den Line-Ups von Veranstaltungen, offensichtlich über viele Jahre. Jetzt ist er eine Art Berliner Rave-Underground-Legende. Wir haben ein paar Mal zusammen gespielt, zuletzt mit Ben Klock im Ballhaus..?!

So weit ich seine Geschichte kenne, würde ich sagen das ist ein besonderes Kapitel von Rock’n’Roll! Wie dem auch sei, er war ein wichtiger Unterhalter an den Plattenspielern für so viele Menschen. Großes Following.
Ebenso großer Schock, große Emotionen und auch heftige Reaktionen nach seinem Abgang. Ein trauriges Denkmal.
Aber Gianni hat halt stapelweise gute Energie abgeliefert, die Leute gerockt und ist dann weitergezogen…

Robosonic @ Fusion 2009 Turmbühne

Das war unser Fusion Festival-Upgrade nachdem wir 3 Jahre hintereinander auf der Seebühne gespielt haben. Das war schon immer eine Abfahrt, aber die Turmbühne ist halt die größte Trommel, die man da spielen kann. Funktion One Anlage, Kühlschrank-große Monitore, die sonst nur Heavy Metal-Schlagzeuger brauchen.

Unsere Anreise zum Festival war eher katastrophal. Alle Planungen in den Tagen vorher zerlegten sich im 2-Stunden-Takt. Inklusive komplizierter, unentschlossener Frauen, kaputtem Camping-Bus, verwirrendem Schlafmangel und so weiter… dann stirbt auch noch Michael Jackson.
Aber alles wurde gut. Schnell kalte Dusche und Frühstück vor dem Auftritt, Wetterglück und sehr viel Liebe aus dem Publikum. Das Festival ist wohl mein persönliches Woodstock. Wir haben unseren Part auf Tonband mitgeschnitten für die nachfolgenden Generationen.
Wer das Set in diesem Jahr verpasst hat, kann es auch runterladen. Noch mehr “dance entertainment for junkies and joggers”. Gemacht und präsentiert für lauter schöne Menschen.

www.robosonic.cc

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