Sobald der Frühling begonnen hat, verwandelt Berlin sich jedes Jahr wieder in eine der schönsten Städte der Welt. Alle scheinen aufzuatmen, endlich den Winter überstanden haben. Denn dieser kann in Berlin bekanntlich ziemlich unerträglich sein: es ist grau und eisig kalt, man sieht die Sonne nicht, es weht ein sibirischer Wind, die Leute sind noch schlechter gelaunt als sonst und man geht nur vor die Tür, wenn es wirklich sein muss.
Schon immer wollte ich diesem Winter entfliehen. Diesen Traum habe ich in den vergangenen Monaten mit einer Reise durch Südostasien verwirklicht. Von November bis März bin ich durch Thailand, Laos, Kambodscha und Myanmar gereist.
Das zweifellos interessanteste dieser Länder war dabei Myanmar, das ehemalige Birma. Man kann sich eigentlich keinen größeren Gegensatz zu Berlin vorstellen. Hier hatte man wirklich das Gefühl, auf einer Zeitreise zu sein. Mehr dazu nach dem Klick.
Der westliche Einfluss ist allgemein sehr gering in Myanmar, viele Entwicklungen sind hier noch nicht so wirklich angekommen: es gibt nur sehr wenige Computer und Handys, die Autos und Busse sind teilweise über 40 Jahre alt, die Züge stammen noch aus der britischen Kolonialzeit und es gibt keine Geldautomaten im ganzen Land.
Generell hat man in Myanmar das Gefühl, in eine abgeschlossene, isolierte Welt einzudringen, in der alles noch seinen eigenen Weg geht. Das zeigt schon das Straßenbild: fast alle Männer tragen einen traditionellen Wickelrock, die Frauen benutzen als Make-Up eine Rindenpaste und befreundete Männer halten Händchen auf der Straße.
Sehr bezeichnend ist das staatliche Fernsehen, das an sowjetische Propaganda aus den frühen 60ern erinnert: unscharfe und verwackelte Bilder von Fabriken und Militäraufmärschen, verzerrter Ton, pathetische, kitschige Musik und lächerliche Aufnahmen von Kindern, die Generälen Blumen überreichen.
Natürlich ist Myanmar nicht vollkommen ab vom Schuss: auch hier gibt es Internet-Cafes (die auf geschickte Weise die Zensur umgehen) und aus China importierte DVDs mit westlichen Filmen und Lady Gaga-Videos. In der Presse wird europäischer Fußball genau so thematisiert wie das Liebesleben von Shakira. Neben dem staatlichen Propaganda-Fernsehen kann man auch einige westliche und indische Sender empfangen – wobei in Hollywood- Filmen die Kussszenen herausgeschnitten werden.
Neben den unglaublich beeindruckenden Kulturschätzen des Landes haben mich vor allem die Menschen fasziniert. Man spürt einfach, dass sie den Kontakt zur Außenwelt suchen. Nirgendwo sonst in Asien habe ich so viele Einheimische auf einer persönlichen Ebene kennen gelernt (also ohne dass sie einem etwas verkaufen wollen). Ständig wird man in ein Gespräch verwickelt und auf einen Tee eingeladen, auf dem Markt erhält man Geschenke, und abends wird man zum gemeinsamen Whiskey-Trinken aufgefordert. Die Menschen wollen alles über das Leben in Europa wissen, das sie nur aus dem Fernsehen kennen.
Es gibt noch sehr viel mehr über Myanmar zu sagen. Ich kann jedenfalls nur jedem empfehlen, sich selber einen Eindruck zu verschaffen. Denn eins steht fest: so bald die furchtbare Militärdiktatur endlich abgeschafft ist, wird sich dieses Land stark verändern – was man den Menschen in Birma nur wünschen kann.