Auf die Zwölf

Anton Waldt by Alexander Janetzko

Anton Waldt, Foto: Alexander Janetzko

Vielleicht erinnert sich ja einer von euch noch an die Kolumne „Auf die Zwölf“, die zuletzt von 2004 bis 2006 im Berghain-Flyer erschienen ist. Auf ironisch-liebevolle Weise macht sich Anton Waldt (heute übrigens Chefredakteur der De:Bug) darin über die Technoszene und ihre Klischees lustig.

Nun sind Anton Waldts Geschichten endlich in Buchform beim Verbrecher Verlag veröffentlicht worden.

Im Mittelpunkt der Geschichten steht Tom, „der Raver“. Tom säuft, nimmt Drogen und ist immer geil, Tom frühstückt Schnapsmüsli und Acidwurst. Kleine Kostprobe gefällig? Eine der Geschichten beginnt beispielsweise so:

„Als Tom fertig ist mit Kotzen, zieht ein Hauch Patchouli durch den Hinterhof und Tom beschließt, einer verdammten Hippiesau die Fresse zu polieren. Tom nimmt Witterung auf, Tom stampft durchs Treppenhaus (…) Aber das Hippiemädchen im dritten Stock öffnet im Batik-Hemdchen, das ihre eindrucksvollen Hupen wirklich gut zur Geltung bringt. „Geile Hupen!“, sagt Tom. „Tantra-Nümmerchen?“ antwortet das Hippie-Mädchen. „Logen!“, entscheidet Tom. (…) Tim zieht sich aus und strullt die Räucherkerzen aus, kurzfristig wabert eine besonders üble Patchouli-Wolke, aber das Hippie-Mädchen findet das toll und bläst Tom den Verstand weg während sie eine Monstertüte baut.“

Selbstverständlich spielen auch viele der Geschichten im Nachtleben:

„Toms Schwanz schmerzt wie Sau. Finally abgenutzt, offensichtlich. Tom summt: >Es ist ‘ne schmale Linie zwischen Liebe und Hass.< Tom sucht und findet den Putzlichtschalter im Darkroom. Tom konsultiert sein Hirn. Ohne Resultat. Tom knipst und brüllt: >Stimmung!< Tom hat eine gute Zeit auf der Intensivstation.“

Genau so geschmackvoll und kultiviert geht das 140 Seiten lang, illustriert mit Zeichnungen von Harthost (wem sonst?). Dabei stellt das Buch auch eine Fundgrube für Lebensweisheiten jeglicher Art dar, zum Beispiel: „Hauptsache nicht Ausgehen, das ist ja wohl der entscheidende Stressfaktor für Teint und Karriere.“ Oder: „Es gibt Befriedigung jenseits vom Kiffen im Büroklo.“

Das klingt jetzt alles ziemlich seltsam. Ist es auch. Auf jeden Fall ist „Auf die Zwölf“ mit seinem absurden, dadaistischen Humor eines der lustigsten Bücher, die ich überhaupt kenne. Und so viel ist sicher: der völlig humorlosen Airen – und sein Copy Cat Helene Hegemann – können dagegen einpacken.

Anton Waldt, Auf die Zwölf, 140 S., 12,99 Euro, Verbrecher Verlag.

Read this article in English.

<a href="https://www.iheartberlin.de/de/author/jens/" target="_self">Jens</a>

Jens

Author