Martha Marcy May Marlene!

Martha Marcy May Marlene. Wer diesen Titel an der Kinokasse korrekt ausspricht hat sich eigentlich freien Eintritt verdient. Aber der Film an sich ist auch eine kleine Belohnung, denn Elizabeth Olsen (japp, die kleine Schwester von Mary-Kate und Ashley) liefert eine wahnsinnig gute Performance!

Eine junge Frau (Elizabeth Olsen) packt ein paar Sachen, schleicht sich aus dem Haus und rennt wie verrückt durch den Wald. Sie scheint auf der Flucht, aber das Rufen der sie verfolgenden Mitbewohner klingt mehr besorgt als drohend, weniger vorwurfsvoll als fragend. Bei ihrer Schwester Lucy (Sarah Paulson) angekommen, wird deutlich, dass das Martha lange verschwunden war. Wo war sie und warum ist sie so verstört? Warum blickt sie aus leeren Augen in die Ferne, fühlt sich in dem idyllischen Haus am See verfolgt und hat sich so weit von den Verhaltensweisen ihrer Familie entfernt? Rückblenden in Marthas Leben als Marcy May liefern Erklärungen für Marthas Verhalten.

Als Mitglied einer sektenartigen Gemeinschaft lebte sie in einer entfremdeten Welt und abgeschotteten Gemeinde. Feldarbeit und viel Stille bestimmten den Alltag der Gruppe um den charismatischen Kopf Patrick (John Hawkes). Aber das scheinbare Idyll endet bereits mit der klassischen Gender Trennung. Die Frauen kochen und warten dann im Treppenhaus bis die Männer fertig sind. Auch die als Initiationsritual getarnte Vergewaltigung aller weiblichen Mitglieder und die ständige Ermahnung: „Sei nicht so egoistisch!“ wenn Martha eigentlich normale Grenzen zieht, lassen einen erschauern.

ean Durkins erster Spielfilm wirkt verstörend. Wortkarg setzt der Film auf die Leistung der durchweg beeindruckenden Schauspieler, die es schaffen durch Blicke und Gesten ganze emotionale Reisen zu schildern. Allen voran beeindruckt Elizabeth Olsen, die als Martha auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist. Die tiefe Verunsicherung und Angst der Protagonistin überträgt sich durch die clevere Regiearbeit Durkins auf die Zuschauer, die sich quasi mit ihr auf die Suche nach konstanten Verhaltensmustern in den unterschiedlichen Welten machen. So ist Martha Marcy May Marlene keine leichte Kost und definitiv ein Film, der nicht an klaren Schemata oder Erklärungen interessiert ist. Dies macht ihn besonders und beeindruckend, aber auch ein Herausforderung an den Zuschauer.

Martha Marcy May Marlene (R: Sean Durkin, USA 2011)

Lust auf etwas ähnliches? Ich hab ihn zwar vor ein paar Wochen schon einmal empfohlen, aber Winter’s Bone ist auch eine zweite wert. John Hawkes spielt auch in diesem Thriller mit und er lockt die Zuschauer ebenso in die Welt der Protagonistin wie es Martha Marcy May Marlene schafft.

Winter’s Bone (R: Debra Granik, USA 2010)

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