Martin Kippenberger im Hamburger Bahnhof

Foto: Martin Kippenberg, Ohne Titel (aus der Serie Lieber Maler, male mir), 1981.

Etwas, das mich an moderner Kunst immer langweilt, ist ihre Humorlosigkeit. Viele Künstler nehmen ihre Arbeit offensichtlich viel zu ernst. Leider gibt es da nur wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel Maurizio Cattelan oder Martin Kippenberger, dessen Werke zur Zeit im Hamburger Bahnhof gezeigt werden. Mehr Informationen gibt es nach dem Klick.

Bei Martin Kippenberger (1953-1997) war Humor ein zentrales Element seines künstlerischen Schaffens. Er war das enfant terrible der deutschen Kunstszene, ein exzentrischer Kunst-Clown, der sich über alles lustig gemacht hat. Seine Kunst richtet sich gegen jeden Intelektualismus und Akademismus, sie ist frei von Pathos und jeglicher Erhabenheit. Stattdessen hat er wie nur wenige Künstler vor ihm den Dilettantismus zelebriert. Für ihn war Kunst ein “Kinderspiel”: er spielte mit seinen Materialien, vollkommen unbelastet und frei von der Kunsttradition, moralischen Werten, philosophischen Ideen. Dabei hatte er natürlich niemals den Anspruch, geniale und unsterbliche Meisterwerke zu schaffen. Für Kippenberger ging es bei der Kunst hauptsächlich um Spaß.

In der Ausstellung im Hamburger Bahnhof werden viele unterschiedliche Aspekte seines Schaffens präsentiert: Installationen und Zeichnungen, Gemälde und Photographien, Videos und sogar Musik (die allerdings ziemlich auf die Nerven geht; die Museumswärter, die das den ganzen Tag sich anhören müssen, kann man nur bemitleiden). Unter diesen Werken befinden sich unter anderem Schneewittchens Sarg, eine Porträtserie von Louis de Funès, die Hotelpapierzeichnungen und zahlreiche seiner legendären Ausstellungsplakate.

Zudem gibt es auch viele von Kippenbergers bekannteren Werken zu sehen, wie zum Beispiel Zuerst die Füße – die Frösche, die er in Jesus-Manier an Kreuz genagelt hat, was natürlich einen riesigen Skandal verursachte.

Die Retrospektive im Hamburger Bahnhof (die keine sein will) ist riesig, insgesamt sind mehr als 300 Werke ausgestellt. Wenn man so viel Kippenberger auf einmal sieht, erkennt man nicht nur die starken, sondern auch die schwachen Seiten. Zweifellos zeigt sich, dass Kippenberger ziemlich gealtert ist, und dass Quantität natürlich nicht automatisch Qualitität bedeutet. Zudem sind einige der Gags heute ziemlich abgeschmackt. Kippenberger hatte eine unsympathische Tendenz zum Herrenwitz, und der Vorwurf der “Kneipenkunst” ist tatsächlich nicht ganz unzutreffend. Aber wie dem auch sei – ein schlechtes Werk von Kippenberger ist mir immer noch lieber als eine todernste postmoderne Kunstinstallation, die versucht, ein obskures Konzept von Derrida zu visualisieren.

Martin Kippenberger: sehr gut | very good wird bis zum 18. August 2013 im Hamburger Bahnhof zu sehen sein. Öffnungszeiten: dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr. Eintritt: Sonderausstellung 8 Euro (ermäßigt 4 Euro).

Credits: Alle Bilder sind von Martin Kippenberg, © Estate Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Köln; 1) Ohne Titel (aus der Serie Lieber Maler, male mir), 1981. 2) Einladungskarte zur Ausstellung “Helmut Newton für Arme. Selbst-beschmutzende Nestwärme – bis ´84. Collagen und Fotografien”, 1985. 3) Zuerst die Füße, 1991. 4) Paris Bar, 1993.

Read this article in English.

<a href="https://www.iheartberlin.de/de/author/jens/" target="_self">Jens</a>

Jens

Author