Ich wache meist zum Klang des letzten Liedes vor den Radionachrichten auf. Der Wecker ist so getimed, weil ich gern direkt mitbekomme, ob die Welt wohl heute untergeht oder doch noch alles halbwegs im Lot ist.
Manchmal werde ich aber von jenem einen Song vor den Nachrichten so abgelenkt, dass ich während diesen damit beschäftigt bin herauszufinden, wer da gerade so schön trällert. Vor einigen Wochen fand ich schnell heraus, dass das Lied Open von den mir bekannten Rhye war. Aber hier endete die Suche dennoch nicht…
Von Rhye hörte ich zum ersten Mal an einem verkaterten Sonntag von einem Freund. Ich nölte ihm gerade vor, dass ich nicht wie geplant nach einem Glas Wein nach hause gegangen war, sondern erst morgens um 7 mit dem Rad gen Bett getorkelt war. Um meine Laune zu heben erzählte er mir man müsse die Feste feiern wie sie fallen und die Jugend nutzen und schickte mir nach dem Gespräch gleich ein Video das genau dies unterstrich. In Rhye’s video zu The Fall erinnert ein Herr mittleren Alters betrunkene Abende mit seiner damaligen Freundin (heute Frau) und sehnt sich danach mit dem Rad durch die Morgenstunden zu treiben. Ich fühlte mich direkt besser und schaue das Video bis heute gern.
Hier waren nun also Rhye wieder und nachdem ich das erste Video so großartig fand, suchte ich natürlich direkt nach dem Clip zu Open.
Was ich sah überraschte mich, denn es war eigentlich ein Loop aus Sex.
Es beginnt mit einem Paar, dann wird die Frau „ausgetauscht“ anschließend der Mann und so entwickelt sich eine schier endlose Schleife an Konstellationen. Die Protagonisten werden clever genau dann getauscht, wenn sie in schnellen Bewegungen sind oder die Kamera gerade im Close-up filmt, somit werden die Bewegungen zum Fluss der Musik nicht unterbrochen und das ganze wirkt trotz unterschiedlichster Körper und Gesichter wie aus einem Guss.
Das viele nackte Fleisch und der simulierte Akt könnten natürlich aufreizend und geschmacklos (ich denke an einige Hip Hop videos) sein, sind aber ganz im Gegensatz recht kunstvoll und realistisch dargestellt. Die Sade-artige Musik tut wohl ihren Teil zur romantischen Wirkweise der Bilder, aber die Bilder wirken wahrlich eher heimelich einschläfernd als lustvoll anregend.
Obwohl ich das Video so gerne mochte, fragte ich mich schon, ob Rhye dieses wirklich als Vermarktungs-Instrument für ihre Single einsetzen wollten und stoß nach einer weiteren Suche schnell auf die Antwort: Nein, es gibt ein weiteres, „jugendfreies“ Video zu dem Song! Dieses zeigt ein junges Paar auf einem Ausflug in die Wälder, das sich nach dem nur kurz angedeuteten Sex, Blicke über das Lagerfeuer zuwirft und das Paar aus dem The Fall Video neidvoll in ihrem wohligen Heim betrachtet. Langweilig wäre mein Urteil zu diesem Video, aber die Bands müssen eben auch den Markt befriedigen.
Um es kurz zu machen, statt einen Spielfilm vorzustellen wollte ich in dieser Woche mal die Videos teilen.
Hier sind sie nun also alle.
