links: Kunstwerk von Tony Cragg, rechts: Bar Brass.
Ihr kennt doch alle die Geschichte von Alice im Wunderland, oder? Die junge Alice fällt eines Tages durch einen Kaninchenbau und landet in einer ihr unbekannten, magischen Welt. So in etwa ist es, wenn man die Bildgießerei Noack in Berlin aufsucht. Vielleicht habt ihr die nämlich gar nicht auf eurem Schirm gehabt, bei all der Kunst, die es in Berlin zu entdecken gibt. Warum sich das schnellstens ändern sollte, erzähle ich euch hier.
Meistens für alle Wege zur Kunst auf die Museumsinsel – da gibt es immerhin viel zu sehen. Manchmal kommt man aber auch vom Weg ab. Dann kann es sein, dass man plötzlich vor einem beeindruckenden Industriebau steht, der sich selbst die Bildgießerei Noack nennt. Was auf den ersten Blick architektonisch umhaut, trägt in seinem Inneren die Geschichte einer langen Tradition: das Gießen von Skulpturen.
Generell kann man sagen, dass kaum eine andere Kunstform so beständig ist wie die Skulptur. Einmal in Bronze gegossen wird sie zur leibhaftigen Umsetzung einer Idee, die im Kopf der Künstler:innen über Monate oder gar Jahre gereift ist. Manche locken uns durch ihre Zierlichkeit und Details an, andere machen uns sprachlos durch ihre Größe und Lebensnähe. Außerdem hat man irgendwie immer den Drang, die Skulpturen anfassen zu wollen, oder? Mehr jedenfalls, als es bei Bildern der Fall ist.
In der Bildgießerei Noack haben sich in den letzten 125 Jahren unzählige Künstler:innen verewigt, indem sie den Ort ausgewählt haben, um ihre eigenen Ideen ins Plastische zu übersetzen. Zu den prominentesten unter ihnen zählen sicherlich Georg Baselitz, Joseph Beuys, Nicole Eisenmann und Leiko IKemura, Jonathan Meese und Neo Rauch. Aber auch namhafte zeitgenössische Künstler:innen wie die polnische Künstlerin Alicja Kwade oder Thomas Zipp und Asta Gröting sind darunter. Sie alle haben sich an dem einen oder anderen Punkt in ihrer Karriere dazu entschlossen, ihr Vertrauen bei der Herstellung ihrer plastischen Arbeiten in die Bildgießerei Noack zu setzen.
In der kürzlich eröffneten Ausstellung “125 Jahre NOACK” der Bildgießerei Hermann Noack kann man ausgewählte Zeugnisse davon sehen und dabei voll und ganz in die Vielfalt der Skulpturenkunst eintauchen. Nach zwei langen Jahren der Vorbereitung ist nämlich endlich die große Retrospektive da: Isabella Mannozzi, Sammlungsleiterin und Chefkuratorin, hat für die Ausstellung fünfzig verschiedene Skulpturenpositionen der vergangenen 125 Jahre zusammengestellt, die einen Überblick von der Moderne bis in die Gegenwartskunst geben. Darunter befinden sich sowohl deutsche als auch renommierte internationale Künstler:innen. Was alle Arbeiten verbindet, ist ihre materielle Herkunft: Denn natürlich wurde jedes Werk in der Bronzegießerei Noack selbst gegossen.
Kunstwerk vorne: Elmgreen & Dragset
Kunstwerk vorne: Henry Moore
Kunstwerk vorne: Fritz Klimsch
Die Philosophie der Bildgießerei Noack baut auf qualitative Arbeit und die Korrespondenz mit den Künstler:innen. Das höchste Ziel ist es dabei, aus den Stücken die in ihnen ruhende Individualität und Künstler:innen-Persönlichkeit zum Vorschein zu bringen. Das ist das Rezept hinter dem Erfolg, die “Noack-Formel”, wie der Historiker und erster Direktor des Deutschen Historischen Museums Christoph Stölzl in einem Text der Begleitpublikation schreibt. Und bei den Betrachter:innen kommt das an: Man taucht beim Betreten der Bildgießerei ab in eine High-Class Museumslandschaft, in der Craftship und der Appeal der Industrie noch mitschwingt. Kein Wunderland also im klassischen, dafür aber im besten Sinne.
Was die Reise zur Bildgießerei noch besser macht, ist das Zusammenspiel aus Kunst und Gastronomie. Es gibt nämlich im gleichen Haus das Restaurant Bar Brass. Und wenn ihr schon einmal einen ganzen Tag im Museum verbracht habt, dann wisst ihr, wie hungrig man dabei werden kann. All die Kunst und Eindrücke müssen verarbeitet werden – und dafür braucht es Energie. Die kann man nach einem Besuch der Bildgießerei Noack direkt wieder im gemütlichen Restaurant Bar Brass aufladen.
Hier setzt sich der Industrial Chic übrigens fort: Es erwarten euch ein modernes architektonisches Zusammenspiel aus hohen Wänden, Sichtbeton und viel Licht sowie ein warmes Kaminfeuer während der kalten Jahreszeit. Was aber noch viel wichtiger ist: In dem coolen Restaurant gibt es richtig gutes Essen. Inspiriert von kontinentalen Gerichten und der französischen Küche findet man hier alles, was das Feinschmecker-Herz begehrt. Von einer Vielzahl an saisonalen Obst- und Gemüsesorten bis hin zu passenden Weinbegleitungen – Im Bar Brass wird Kulinarik modern und zeitgenössisch interpretiert und mit einem Hauch internationalem Flair gekrönt.
Essenziell ist dabei die Idee, Kunst und Gastronomie miteinander in Verbindung zu bringen. Das wird durch die Zusammenarbeit mit der Bildgießerei Noack anschaulich untermalt. Man könnte sagen: Was die Bildgießerei für unser ästhetisches Empfinden tut, verwandelt die Bar wiederum in außergewöhnliche Gerichte für den Gaumen. Im lichtdurchflutenden Restaurantbereich sitzt man außerdem an ehemaligen Werkbänken aus der Bildgießerei und spürt so ein bisschen Verbundenheit mit der Geschichte des Kunsthandwerks, während man vitaminreiches und ansehnlich zubereitetes Essen zu sich nimmt.
Macht es also beim nächsten Bedürfnis, der Kunst zu begegnen wie Alice: Down the rabbit hole und sich in der Bildgießerei Noack von Neuem in die Kunst verlieben.
Die Ausstellung „125 Jahre NOACK“ wird außerdem bis zum 03. Februar 2023 in der Bildgießerei Noack zu sehen sein. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag zwischen 12 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos.
Bildgießerei Noack & Bar Brass, Am Spreebord 9, 10589 Berlin-Charlottenburg
www.noack.berlin