„Ost oder West?“ fragt der Taxifahrer im Laufe unserer Unterhaltung während der Fahrt von Mitte nach Kreuzberg. Man versteht sich, wie ich ist auch er gebürtiger Berliner. Wir sprechen über die Wiederauferstehung des Ku Damms und die Sache mit der Kriminalität am Kottbusser Tor, über die nicht mehr angemessenen Mieten in der Innenstadt und die Zugezogenen, neue wie alte. „Äh, beides“ antworte ich und beiße mir im selben Moment auf die Zunge. Mir ist klar, was jetzt kommt. „Na beides jeht ja nich“ korrigiert er mich neunmalklug. „Wo sind se denn zur Schule jejangen?“ Ich könnte einfach lügen und uns weitere Fragen ersparen. Wir sind aber gleich da, deshalb sage ich: „Im Westen, aber gewohnt haben wir im Osten. Das war vor dem Mauerfall.“ Nun ist er ganz verwirrt. Die Reaktion kenne ich. Wer in den 80ern in Berlin aufgewachsen ist, kommt unweigerlich aus dem West- oder eben aus dem Ostteil. Nur kann ich diese Frage eben nicht eindeutig beantworten, denn zwischen 1986 und 1990 wohnte ich zwar in Ost-Berlin, ging aber in West-Berlin zur Schule. Als einziges Kind Deutschlands überquerte ich täglich den Grenzübergang im Tränenpalast, um zu meiner Schule nach West-Berlin zu pendeln. Ich bin weder Ossi noch Wessi, Wossi vielleicht oder vielmehr: ein Grenzkind. Mir ist beides vertraut, der graue Osten mit seinen Einschusslöchern in den Häuserwänden, den leeren Regalen im Konsum und der heimeligen DDR-Atmosphäre.









