Futur Drei – Die Realität Crashen mit einer Queeren POC-Fantasie

Bist du jemals aus dem Kino rausgegangen und hattest das Gefühl, dass der Film in deinem Kopf immer noch läuft? Als ich letzten Samstag aus Futur Drei rauskam und mit meinen Freunden mit dem Fahrrad durch Kreuzberg fuhr, hatte ich genau dieses Gefühl.

“Futur Drei – No hard feelings ” erzählt die Geschichte von Parvis, eines jungen schwulen Mannes, der mit seinen Eltern in Hildesheim lebt. Diese sind vor seiner Geburt aus dem Iran nach Deutschland eingewandert. Während er ein sorgenfreies und halbwegs integriertes Leben führt, langweilen ihn die Partys und das Ficken mit willkürlichen Typen und er wirkt verloren.

Weil er auf ner Party eine Champagnerflasche in einem Schwulenclub gestohlen hat, muss er Sozialarbeit im örtlichen Flüchtlingsheim leisten. Dort freundet sich Parvis mit Amon und Banafshe an, einem Geschwisterpaar aus dem Iran, die sich zu zweit durchs Leben kämpfen. Gemeinsam verbringen sie Tag und Nacht, und schließlich beginnt zwischen Amon und Parvis eine komplizierte Liebesgeschichte, die ständig zwischen aggressiver Scham und zärtlicher Intimität hin und her bewegt.

 

 

Kein kitschig schwules Coming-of-Age-Flüchtlingsmärchen

 

In Pastellfarben und voller surrealer Elemente, ist Futur Drei dennoch weder ein Flüchtlingsmärchen noch eine romantische Coming-of-Age-Liebesgeschichte, auch wenn es ironisch mit den Elementen der Genre spielt. Es ist ein wilder Zusammenprall von Stilmitteln, und er scheut sich nicht, roh und explizit intime Sexualpraktiken und Masturbationsszenen zu zeigen.

Die Geschichte basiert teilweise auf den autobiografischen Erlebnissen des Regisseurs Faraz Shariat. Der Film beginnt zum Beispiel mit einem Schnipsel aus der Kindheit des Regisseurs, in dem er als kleiner Junge als Sailor Moon verkleidet tanzt. Er castete sogar seine eigenen Eltern, um als Eltern von Parvis aufzutreten. Durch diese authentischen Elemente bekommt der Film ein zusätzliche dokumentarische Wahrheitsebene, die ein klassischer Spielfilm gar nicht in der Form erfüllen kann. Schön ist es auch, das die Hauptdarsteller endlich die Chance zu haben scheinen eine Figur zu spielen, die kein Flüchtlings-Stereotyp ist.

Ich vermute das mir dieser Film nicht nur wegen der Bildsprache und den starken Schauspielern so sehr unter die Haut ging. Eigentlich  ist es schon krass genug, einen Film zu sehen, der von einem queeren POC-Team gedreht wurde, mit queeren POC-Schauspielern und um queere POC-Charaktere geht. Vielleicht ist es echt so einfach. Es ist aufregend, sich selbst im Kino repräsentiert zu sehen. Und jetzt weiß ich, wie sich das anfühlt.

Futur Drei läuft noch immer in mehreren Berliner Kinos diese und noch in den nächsten Wochen.

 

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Claudio

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