Während des Putzens eine Sektflasche köpfen, dann beim Sekttrinken bleiben oder laut singend im Stau sitzen. Es gibt Menschen, die schaffen es, aus jeder öden Alltagssituation eine Party zu machen.
Sich aufdrängend ist meist nicht der Trubel, sondern die großmäulige Leere, welche der ständige Schatten derjenigen zu sein scheint, die es schaffen, die schönsten Events mit ihren tristen und verbitterten Meinungen zu vergiften.
Das sind jene, die sich darüber empören, wie lächerlich es sei, sein Erspartes für ein einziges Event auszugeben oder was für eine Verschwendung es wäre, den teuren Wein ganz ohne besonderen Anlass an einem Mittwoch auszutrinken.
Insbesondere die Meinung, ob man einen Haufen Geld für einen besonderen Anlass ausgeben solle, polarisiert.
Denn für einen einzigen Tag oder eine Erinnerung geben manche Menschen liebend gerne ihr hart verdientes Geld aus.
Man sollte meinen, dass jeder mit seinem Geld tun oder lassen könne, wie es ihm behagt, aber die Stimme des anständigen Bürgers tut sich auch hier gerne kund:
„Unvernünftig und dumm“, so das Urteil vieler Kleingeister. Generationsübergreifend mit dieser Lebenseinstellung nicken sie sich in Einigkeit zu, die leeren Gesichtsausdrücke und freudlosen Herzen leuchten dabei sogar kurz auf. Vernunft, sich an Regeln halten und sparen-während diese Vorstellung die meisten Lebenskünstler erblassen lässt, regt sich bei diesen Gedanken mal wieder so etwas wie Begeisterung in denjenigen, die den Feinschmeckern des Lebens den Appetit verderben wollen.
Ich wiederum deute die Investition in die Feste des Lebens als wahnsinnig romantisch, als verliebt in das Leben und den Genuss! Wer braucht schon Vergangenheit oder Zukunft, wenn die Gegenwart so süß schmecken kann!
Anstelle eines Autos oder einer Reise investiert man in ein Fest mit seinen Liebsten. Dabei kommt mir immer in den Sinn, wie großzügig und genießerisch viele Menschen sind.
Das Leben soll ein Fest sein und keine To-do-Liste
Das Leben ist geprägt von einer Mischung aus Alltag und Schicksalsschlägen. Vor beidem können wir uns nicht schützen, aber wir können bewusst mit schönen Highlights gegensteuern.
Schicksalsschläge sind in aller Regel entsetzlich oder traurig. Doch sie begegnen jedem von uns dann und wann. Das sind die Tage des Grauens, an die wir ein Leben lang voller Trauer oder Angst zurückdenken. Und dann gibt es noch den Alltag. Sei der Beruf noch so verrückt, der Partner noch so einfallsreich, die Kinder noch so bezaubernd, irgendwann wird alles zur Routine. Die Tage verschwimmen ineinander. Bunt wird zu Grau.
Aber was ist mit den unvergesslich schönen Tagen, an welchen wir uns ein Leben lang bedienen, indem wir in ihren Erinnerungen schwelgen. Sie sind unsere Vorratskammern der Freude, die uns in düsteren Zeiten helfen weiterzumachen. Und in den allermeisten Fällen handelt es sich dabei, um Erinnerungen und Siege, die wir uns selbst geschaffen und erkämpft haben. Meilensteine, auf die wir stolz sind oder eben Festivitäten, die uns oder andere haben hochleben lassen.
Hinter solchen Tagen und Erinnerungen stecken Menschen, die sich Ziele setzen oder die sich Gedanken gemacht haben, wie man einen Anlass besonders würdigen kann.
Wenn wir aufhören würden, das Leben bewusst zu feiern, verschwämme alles zu einer grauen Masse.
Ich kenne keine Stadt wie Berlin, die jeden Tag so prall gefüllt ist mit Events jeglicher Art:
Angepasste coole Events, unangepasste biedere Events, Events, die wohl auf dem Großteil des Planeten verboten wären, und immer wieder solche, mit denen keiner gerechnet hat.
Denn hier wird das Leben noch gefeiert, die Vernunftgesellschaft ist in der Minderheit.
In Berlin vergiftet man sich, um zu leben, man tanzt, um ruhiger zu werden, arbeitet, wenn die anderen schlafen, liebt den, den man hasst, und hasst den, den man liebt. Alles gibt Sinn, weil nichts Sinn gibt.
Also ihr Paradiesvögel und Feinschmecker des Lebens, lasst euch nichts einreden von den trüben Tauben der Gesellschaft.
Kleine Randnotiz an dieser Stelle: Tauben könnten, wenn sie wollten, übrigens ausgezeichnet fliegen, bevorzugen es aber meist, lieber zu Fuß zu gehen.
Sie verzichten auf die beste Aussicht aus Angst und Faulheit.
Und während sie panisch panischen Menschen ausweichen, werden sie vom Auto überfahren.
Paradiesvögel heben lieber ab, und die Berliner stürzen sich in die Fluten der wilden Nächte und Tage, die die Stadt zu bieten hat!
Denn auch wer tagsüber grüne Smoothies trinkt und Yoga macht, hat wenigstens hier noch ein zweites Gesicht. Oft sogar drei, vier, fünf oder dutzende verschiedene Gesichter. Wie langweilig müsste ein Mensch sein, wenn es keinerlei Wiederspruch, nicht unterschiedliche Seiten an ihm gäbe.
Also feiert den Anfang, das Ende, die Mitte, das Nichts und das Alles zugleich! Feiert den Tod und das Leben! Feiert die Feste, wie sie fallen, und die Feste, die es gar nicht gibt! Noch nicht!
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Text: Marie F. Trankovits, Fotos: Frank R. Schröder/iHeartBerlin