Am 1. Mai ist alles möglich in Kreuzberg

Der erste Mai, auch bekannt als Tag der Arbeit, war für mich nur ein Feiertag, bis ich nach Berlin kam. Egal wie sehr du anderen Menschen, die noch nie in Berlin waren, beschreiben willst, was hier vor sich geht, kannst du es erst verstehen, wenn du es erlebt hast. Du musst dort sein.

Der erste Mai ist ein Tag, an dem Kinder unschuldig die Rutschen im Park herunter rutschen, während völlig betrunkene Menschen im Gras verstreut drum herumliegen und eine Pause vom Feiern machen. Und das ist nicht einmal das Verrückteste, was du sehen wirst. Vielleicht sind die Berliner deshalb anders, weil sie von der Krippe direkt zur Party aufgezogen werden. Sie sind ihr ganzes Leben lang den ungewöhnlichsten Situationen ausgesetzt und leben daher Zufälligkeit, Spontanität und Surrealismus.

photos: Alejandro Arretureta

Wenn du auf dem Weg zum Görlitzer Park die Straße hinuntergehst und Teil dieses menschlichen Flusses wirst, der durch zerbrochenes Glas auf dem Asphalt fließt, befindest du dich mitten im Herzen des ersten Mai. Auf deinem Weg begegnest du verbarrikadierten Läden (erinnert an die Zeiten, in denen der 1. Mai eher eine gewaltsame Revolte mit fliegenden Flaschen und brennenden Autos war, als die friedliche Straßenparty der letzten Jahren), Live-Musik unter den Gleisen, Drum Sessions, eine Party in jeder Bar, Leute, die auf ihrer Fensterbank sitzen und sowohl die Party in ihrer Wohnung als auch die hektische Feierei auf der Straße genießen. Es ist einfach eine tolle Stimmung. Und wenn die Sonne scheint (wenn du Glück hast), ist es einfach toll, sich in die Menge der Menschen zu mischen, die im Rhythmus der Musik springen.

Nicht nur dein erstes Mal beim ersten Mai ist unvergesslich, aber das erste Mal von einem Freund zu erleben, ist noch besser. Diesen fassungslosen Blick auf ihrem Gesicht zu sehen, weil sie kaum glauben können, was um sie herum vorgeht. Und das Beste ist, dass du nie weißt, wie dein Tag enden wird. Man könnte sogar zu Destiny’s Child “Say My Name” vor einer Reihe von Einsatzwagen mit 10 Polizisten tanzen, die dich dramatisch anstarren, denn am 1. Mai ist nichts unmöglich.

photos: Khun Minn Ohn

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