Wo ist Berlins Stadtzentrum? – Die Geschichte von einer Stadt mit vielen Zentren

Die meisten Städte haben ein klares “Stadtzentrum”, das heißt, wenn man Glück hat, kann man sich rühmen, im Zentrum zu wohnen. In diesen Gegenden gibt es normalerweise viele Geschäfte, Bars, Restaurants und das Leben im Allgemeinen. Aber in Berlin sind die Dinge ein bisschen komplizierter. Was ist das Zentrum von Berlin? Es gibt nicht die eine Gegend, die einem als “Zentrum” in den Sinn kommt. Viele würden Mitte sagen, weil es buchstäblich in der Mitte liegt, aber ich würde behaupten, das Zentrum ist der Ein-Kilometer-Radius um meine Wohnung.

Vor ein paar Monaten besuchte ich die Ausstellung “Unvollendete Metropole”, die das 100-jährige Jubiläum des Zusammenwachsens Berlins feierte. In der Ausstellung gab es einen ganzen Abschnitt zum Thema der vielen Zentren Berlins. Es stellte sich heraus, dass die Antwort auf Berlins Zentrumsfrage in seiner komplizierten, faszinierenden und ziemlich tragischen Geschichte liegt. Hier ist, was ich herausgefunden habe.

Das alte Zentrum Berlins liegt rund um die Museumsinsel, die tatsächlich in Mitte liegt. Aber während der Weimarer Republik entwickelte sich dieses Gebiet nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Rest der Stadt. Es wurde unbedeutend, weil die Menschen arm waren, die Straßen klein und als die Nazis in den 1930er Jahren die Macht übernahmen, hielten sie das Gebiet für unwürdig für den Ruhm des Reiches.

 

 

Die Nazis planten eine Innenstadt mit dominierenden Gebäuden, um mit denen von Mussolini in Italien und Stalin in der UdSSR zu konkurrieren, aber das Projekt wurde nie vollendet. Nach dem Krieg lag die Stadt in Trümmern, zerbombt und geteilt. Das Problem des Berliner Stadtzentrums verdoppelte sich – sowohl Ost- als auch West-Berlin mussten eine Lösung finden.

Und beide schafften es. In West-Berlin wurde der Breitscheidplatz zum neuen Stadtzentrum, ein autogerechter Platz an der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Über diese lebendige Einkaufsstraße kann man auch heute noch flanieren; einfach mit der U1 oder U9 zum Kurfürstendamm oder mit der S-Bahn zum Zoologischen Garten fahren und sich umschauen.

 

 

Im Osten wurde der Alexanderplatz zum Zentrum des Kommerzes. Nach dem Krieg wurde der Platz für Autos umgestaltet, um der modernen Zeit zu entsprechen. Natürlich kann man den Alexanderplatz auch heute noch erkunden, aber er ist heute meist nur noch eine gute Station, um sich in Berlin fortzubewegen (ich meine U8, U5, Straßenbahn und S bahn… Ich beneide die, die dort wohnen). Aber die Antwort auf die Frage nach dem Zentrum Berlins ist nicht so einfach zu lösen.

 

 

Wie bereits erwähnt, feiert “Unvollendete Metropole” das 100-jährige Jubiläum der Vereinigung von Berlin. Bis 1920 war Berlin keine einzige Stadt, sondern eine Reihe von Kleinstädten, die das Berliner Zentrum umgaben. Das macht sehr viel Sinn, wenn man an alle Gebiete denkt, die in Berlin auf dorf enden (Zehlendorf, Reinickendorf, Heinersdorf, Wilmersdorf etc.). Als Berlin zu einer Stadt wurde, verschmolzen diese kleineren Orte nicht einfach zu einer Nichtexistenz, sondern gediehen weiter als eigene kleine Zentren des Handels. So fühlen sich viele dieser Gegenden immer noch wie eigene Städte an, so dass sich ein Großteil der Gegend außerhalb des Rings wie malerische kleine Dörfer anfühlt. Ein Ausflug nach Lichterfelde West, Weißensee oder Frohnau lohnt sich immer, um zu sehen, wie diese Stadtteile ihren eigenen Charme abseits der düsteren Straßen von Neukölln oder Friedrichshain bewahren.

 

Karte: © OpenStreetMap contributors and Iqra Nowshari (CC BY-SA 2.0)

Es gibt also nicht wirklich eine Antwort auf die Frage nach dem Zentrum Berlins. Es ist da, wo man es haben möchte. Wenn ihr in eurem Kiez wohnt, einkauft, arbeitet und feiert, dann ist das euer Zentrum.

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