Megalopolis

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Fotos: Thomas Aurin

Theaterstücke zu empfehlen, ohne diese gesehen zu haben, finde ich eigentlich sehr schwierig. Kein Problem habe ich allerdings Megalopolis von Costanza Macras zu empfehlen. Ich brauch mir weder Szenenbilder, noch Videos, noch Zusammenfassungen durchzulesen, um zu wissen, dass es ein Theaterabend wird, der mich wieder wünschen lässt, eine moderne Tanzausbildung zu besitzen und mich zwischen das tolle Dorky Park Ensemble zu mischen. Wer ähnliches empfinden will, kann sich am kommenden Wochende überzeugen. Weil ich wohl dafür zu alt bin, muss ich mich damit abfinden und vielleicht ein Buch schreiben. Oder wird man dafür irgendwann auch zu alt sein? Das ist eigentlich der einzige Gedanke, der mir bei der ganzen Helene-Wunderkind-Diskussion bleibt.  Für die, die noch ein bisschen visuelle und inhaltliche Eindrücke brauchen, um sich zu entschließen mal wieder ins Theater zu gehen, kommen Bilder, Trailer und eine Zusammenfassung nach dem Klick.

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Megalopolis ist kein spezifischer, sondern ein metaphorischer Ort. Schauplatz ist die Stadt unter Einfluss der Globalisierung. Diese Stadt zeichnet sich durch die Unleserlichkeit heutiger Megastädte aus, die in das Chaos hineingeboren werden. Ihre Gesichtszüge sind ungezügelter Wachstum, Zerfall und eine unendliche Auflösung. Dichte und Enge der Stadt lösen die Grenzen zwischen privaten und öffentlichen Räumen auf, lassen sie beinahe verschwinden. Gleichzeitig zwingt uns diese Grenzenlosigkeit, die Stadt als eine Kollage wahrzunehmen, die aus unzähligen biographischen Schnitzeln besteht.

Der Kampf zweier Strassenverkäufer um den besten Platz stellt heute eine existentielle Konfrontation dar und ist morgen schon vergessen. Megastädte sind ein Paradigma für Räume, in denen Menschen zusammen leben, ohne sich zu kennen. Das immer präsente Überwachungssystem bringt nicht nur ständig überwachte Wesen hervor, sondern erzeugt auch eine neue Art der Selbstwahrnehmung. Der Körper einer Person verwandelt sich so in ein expressives Instrument, welches Systeme und Regeln erschafft und zerstört. Welche Wechselbeziehungen haben da noch eine Gültigkeit? Wird die urbane Entwicklung Prinzipien folgen, die uns völlig unbekannt sind? Ist der erkennbare Verfall gesellschaftlicher Beziehungen Ursache oder Konsequenz für die Zeichen des Verfalls unserer Städte? Megalopolis ist ein Versprechen und ein Fluch. Megalopolis ist eine strahlende Stadt. Megalopolis ist ein unkontrollierbares Konstrukt, ständig in Bewegung.

Megalopolis

by Constanza Macras

06.03.2010    21.00
07.03.2010    19.30
30.04.2010    20.00

Schaubühne am Lehniner Platz
Kurfürstendamm 153
10709 Berlin

www.schaubuehne.de

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Claudio

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