Kleine Anekdoten von flüchtigen Momenten unterwegs.
Ich setze mich auf eine dieser unbequemen Metallbänke in unentschlossenen Grautönen. Rathaus-Neukölln. 4.30h. Samstagmorgen.
Ich weiß nicht, ob ich noch betrunken oder schon verkatert bin.
Die Party war zu lang, die Drinks zu viele, und – natürlich – dieser süße Brasilianer musste eine Berliner Luft aufmachen.
Ich schaue nach oben, links und rechts; ich frage mich, welcher Innenarchitekt sich Eierschalen/Kotze als passende Farbwahl für den öffentlichen Nahverkehr ausgedacht hat…
Aber andererseits – Die U7-Linie stammt aus den 1930er Jahren, Zeiten, in denen Braun im Trend lag.
Aggressive, gelbe Pixelbuchstaben versprechen eine 14-minütige Wartezeit – die Apokalypse, für Berliner Maßstäbe.
Ein rauer Kerl neben mir fängt an, hypnotische Geräusche zu murmeln; sein fester Blick auf eine Aldi-Tasche, als wäre er ein Schlangenbeschwörer,
mir gegenüber, schiebt sich ein betrunkenes Paar die Zungen in einem beunruhigenden, sich wiederholenden Rhythmus in die Kehle,
während irgendwo auf der Plattform ein blechernes Medley aus “Oh Happy Day” und “Oh When the Saints” aus einem alten Saxophon in voller Disharmonie explodiert.
Die Kopfschmerzen beginnen zu pochen, die Müdigkeit greift an, meine Augen werden schwer.
Ich hätte mir ein Taxi nehmen sollen.
Ich wache durch das krachende Geräusch des ankommenden Zuges auf. Entsetzt schaue ich mich um, mein Rucksack mit geschlossenem Reißverschluss steht immer noch neben mir, mein Handy liegt sicher in der rechten Hand.
Die Zungen lösen sich, der glasige Blick hebt sich langsam, “Oh When the Saints” verblasst mystisch hallend von den gefliesten Wänden während die U7 in die Station rattert.
4.44h.
Als ich aufstehe,
ein kleines Stück Papier, beschriftet mit dicken, hastig geschriebenen Buchstaben, fällt zu Boden.
Ich hebe es auf.
“Du siehst süß aus, wenn du schläfst. Komm sicher nach Hause :* :)”